Grundsätze der Angelfischerei

(Eine Arbeitsgruppe, zusammengesetzt aus Mitgliedern des Verbandsausschusses des Verbandes Deutscher Sportfischer sowie der Fischerei- und Wasserrechtskommission (FWK) hat dem Verbandsausschuss die überarbeitete Fassung der „Grundsätze der Sportfischerei“ vorgelegt.
Der Verbandsausschuss hat dieser Fassung auf seiner Sitzung am 6. 5. 98 in Göttingen zugestimmt.
Die „Grundsätze der Angelfischerei“ des VDSF sowie die dazugehörigen Erläuterungen - s. unten - wurden am 16. Oktober 1998 in Veitshöchheim vom höchsten Gremium des VDSF, der Jahreshauptversammlung, einstimmig beschlossen.)

I. Die Fischerei wird als eigentumsgleiches Recht und nicht wie andere Nutzungen der Gewässer aufgrund Gemeingebrauchs ausgeübt.
Inhalt des Fischereirechts und Umfang der Fischereiausübung sind in den Fischereigesetzen der Bundesländer geregelt. Das Fischereirecht unterliegt dem Schutz und der Garantie des Grundgesetzes. Es kann nur im Rahmen seiner Sozialpflichtigkeit beschränkt werden.

II. Die Fischerei umfasst das Recht zum Fangen und Aneignen von Fischen sowie das Recht und die Pflicht zur Hege der Tiere und Pflanzen in ihrem Lebensraum. Sie nutzt die Produktionskraft der Gewässer. Diese begrenzt wiederum die fischereiliche Nutzung. Die natürliche Artenvielfalt in den Gewässern ist zu erhalten und zu fördern.

III. Der Schutz der Gewässer und der sie umgebenden Natur sind Ziel und Aufgabe der Fischerei. Angelfischerei ist ordnungsgemäße fischereiwirtschaftliche Bodennutzung.
Sie wird nach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit durchgeführt und stellt keinen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Im Einzelfall können allerdings vordringliche Belange des Naturschutzes die Beschränkung der Fischereiausübung erfordern; eine Beschränkung findet jedoch ihre Grenzen in der im Fischereirecht verankerten Hegepflicht.
Fischerei- und tierschutzrechtliche Bestimmungen sind einzuhalten. Der VDSF hat zusätzliche Regelungen über fischwaidgerechtes Verhalten erlassen.

IV. Die ordnungsgemäße Angelfischerei stellt eine sinnvolle, soziale und in die Natur eingebundene Betätigung von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung dar. Sie weckt und fördert das Verständnis für die Zusammenhänge in der Natur und trägt dazu bei, einen gesunden Lebensraum zu erhalten oder zu schaffen.

Erläuterungen:

zu I:
Fischerei ist Rechtsausübung. Das in Gesetzen niedergelegte Fischereirecht steht dem Eigentumsrecht gleich. Es steht deshalb unter dem besonderen Schutz des Artikel 14 Grundgesetz, der das Eigentum, und damit auch das Fischereirecht, garantiert.
Daraus folgt, dass Eingriffe in das Fischereirecht, die eine Enteignung darstellen, nur zulässig sind, wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Ohne Entschädigung ist eine Enteignung nicht zulässig.
Lediglich Eingriffe im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums sind entschädigungslos hinzunehmen. Nach der gefestigten Rechtsprechung dürfen Eingriffe die Fischerei nicht gänzlich oder weitgehend unmöglich machen.
Sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten müssen erhalten bleiben. Es muss eine Abwägung stattfinden, bei der die Interessen der Fischereiberechtigten entsprechend gewürdigt werden. Wie bei allen Eingriffen in Grundrechtspositionen sind auch hier die allgemeinen Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu beachten.

zu II.:
Aus dem Recht auf Fang und Aneignung der Fische ergibt sich zugleich die Verpflichtung zu waidgerechtem Verhalten gegenüber den Fischen und sachgerechtem Umgang mit dem Gewässer.
Die Ausübung der Angelfischerei hat nach den Grundsätzen der Fischwaidgerechtigkeit zu erfolgen.
Der Fischer trägt daher die Verantwortung dafür, dass

a) Angelgerät, Zubehör und Köder sachgerecht ausgewählt sind,

b) der Fisch waidgerecht gefangen, nicht unnötig gehältert, tierschutzgerecht versorgt und einer sinnvollen Verwertung zugeführt wird und

c) die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die Fischerei ist sich bewusst, dass die Fischereiausübung im besonderen Maße von der natürlichen Produktionskraft der Gewässer abhängig ist.
Dies bedeutet, dass

sich die Größe eines Fischbestandes nach den Verhältnissen in dem jeweiligen
  Gewässer richtet
diese zugleich Art und Umfang des Besatzes bestimmen
die Fangtätigkeit danach ausgerichtet werden muss und
die Artenvielfalt zu erhalten und nachhaltig zu sichern ist.

Das Recht und die Verpflichtung zur Hege haben zum Ziel, die freilebende, dem Fischereirecht unterliegende Tierwelt als wesentlichen Bestandteil der heimischen Natur und somit als Teil des natürlichen Wirkungsgefüges in ihrer Vielfalt zu bewahren.
Die natürlichen Lebensgrundlagen müssen gesichert und verbessert werden, um einen artenreichen, gesunden und ausgewogenen heimischen Fischbestand in seinem Lebensraum zu schaffen und zu erhalten.

zu III.:
Die Fischerei benötigt gesunde Gewässer. Diese sind so zu erhalten oder zu gestalten, dass Fische in ihnen leben, sich ernähren und vermehren können.
Der Schutz der Gewässer ist zwar gesetzlich vorgesehen, der Vollzug der Gesetze jedoch häufig unzureichend.
Deshalb haben die Fischereiorganisationen schon seit Jahren ein wirksames Gewässerüberwachungssystem geschaffen. Mehr als 13.000 besonders ausgebildete Gewässerwarte überwachen ständig die Beschaffenheit der Gewässer.
Von ihnen und den am Gewässer befindlichen Fischern werden Fischsterben und andere Störungen des Lebensraumes im Regelfall als erste bemerkt. Die Fischer handeln und sorgen damit für ein schnelles Eingreifen der zuständigen Behörden.

Das jedermann gesetzlich gewährleistete Recht auf Naturgenuss trägt gleichzeitig die Gefahr in sich, die Natur zu stören.
Davon ist der Angelfischer nicht ausgenommen. Er wird diese Störung jedoch aufgrund seines Verhältnisses zu dem von ihm genutzten Lebensraum so gering wie möglich halten.
Hierauf wird bei der Ausbildung auf die Fischerprüfung besonderer Wert gelegt. Darüber hinaus sorgen mehr als 16.000 amtlich bestätigte Fischereiaufseher nicht nur für den Schutz der Fischerei, sondern zugleich für den Schutz des Lebensraumes.

In Einzelfällen kann es notwendig sein, auch die rechtlich gesicherte Fischereiausübung aus Gründen des Schutzes anderer Naturgüter einzuschränken.
Dabei ist jedoch immer zu beachten, dass die gesetzliche Pflicht besteht, die dem Fischereirecht unterliegenden Tiere zu hegen und zu pflegen. Diese Pflicht darf nicht eingeschränkt werden.

Mit dem Fang von Fischen ist deren Verwertung unabdingbar verbunden. Dabei dürfen ihnen nach § 1 Tierschutzgesetz ohne vernünftigen Grund keine vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Das Töten zum Zweck der Verwertung ist ein vernünftiger Grund im Sinne dieser Bestimmung.
Es hat so zu erfolgen, dass dem Fisch keine vermeidbaren Leiden zugefügt werden. Fischfang ausschließlich zur Freude am Drill ist weder fischwaidgerecht noch nach dem Tierschutzgesetz zulässig.

zu IV:
Fischereivereine, die auf örtlicher Ebene einen Mittelpunkt gesellschaftlichen Lebens bilden, sorgen für die ordnungsgemäße Ausübung der Fischerei.
Damit ermöglichen sie Jung und Alt, Frau und Mann, Gesunden und Behinderten den Zugang zur Natur. Das Vereinsleben ist notwendig auf Dauer ausgelegt, weil die sachgerechte Betreuung der Gewässer eine langfristige Aufgabe ist, die alle Mitglieder verbindet.
Eine fachbezogene Aus- und Weiterbildung ist Voraussetzung für waidgerechtes Fischen. Eine wichtige Aufgabe ist die Ausbildung der Jugend in besonderen Jugendgruppen und ihre Betreuung bei gemeinschaftlichen Veranstaltungen.
Sie haben den Sinn, in den jungen Menschen das Bewusstsein, für Natur-, Gewässer-, und Tierschutz zu wecken, sowie die Bereitschaft, hierfür Verantwortung zu übernehmen.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Angelfischerei ist erheblich. Die 650.000 VDSF-Mitglieder fangen jährlich 5.500 Tonnen Fisch in einem Gesamtwert von ca. 55 Mio DM.

Diese Fische werden der menschlichen Ernährung zugeführt. Mit 2,250 Mio Arbeitsstunden im Wert von 45 Mio DM leisten die Mitglieder einen beachtlichen Beitrag zum Wohl der Allgemeinheit.
Einen großen Wirtschaftsfaktor stellen die Ausgaben der Mitglieder für Ausrüstung im Wert von etwa 200 Mio DM jährlich dar; davon leben Industrie und Handel. Die Angelfischerei ist in vielen Regionen von zunehmender Bedeutung für den Fremdenverkehr.

Einstimmig beschlossen von der VDSF-Jahreshauptversammlung am 16. 10. 1998 in Veitshöchheim.

Den Originalbeitrag finden Sie unter: http://www.vdsf.de/fischerei/angelfischen.html

by Thomas Houdek
Pressewart/Webmaster
April 2004